Ich bin der Überzeugung, dass Gruppenhaltung bei allen Papageienvögeln erfolgreich praktiziert werden kann, die sich in freier Natur (in der Regel außerhalb der Brutzeit) zu mehr oder weniger großen Gruppen zusammenfinden. Bei den Ochrocephala-Arten trifft diese Voraussetzung ganz eindeutig zu. Da bei der Haltung in Menschenobhut keine großen Reviere zur Verfügung stehen, muß dies natürlich bei der Gestaltung des künstlichen Lebensraums berücksichtigt werden. Dass Gruppenhaltung auf relativ begrenztem Raum überhaupt möglich ist, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass in der Regel kein Tier ein größeres Revier beansprucht, als zum Überleben notwendig ist. Wenn also ein Revier von wenigen Quadratmetern ausreichend Nahrung, Bewegungsfreiheit, Flugmöglichkeit, Abwechslung und einen sicheren Platz zum Brüten bietet, so kommt ein Vogel mit diesen Bedingungen sicher ohne Probleme zurecht.
Natürlich gibt es viele Vögel denen es nicht möglich ist diese Bedingung zu erfüllen, einem Albatross kann man beispielsweise nie die Flugmöglichkeit bieten, die für diesen Vogel unverzichtbar ist, denn der Langstreckenflug ist ein wesentlicher Bestandteil seines Lebens. Amazonen sind aber ganz sicher nicht die extremen Langstreckenflieger, dies zeigt schon ihr Körperbau. Breite, relativ kurze Flügel weisen diese Vögel nicht als Langstrecken- sondern als besonders wendige Flieger aus, was zweifellos eine Anpassung für die Flugbedingungen im Regenwald darstellt. Ihre Flugkunst beweisen auch Amazonen in Menschenobhut täglich bei Freiflügen in Wohnräumen mit teilweise extremen Flügmanövern. Damit ist die 1. Forderung für die Gruppenhaltung ein ausreichend großer Flugraum. Dies Forderung ist bei Gruppenhaltung wesentlich einfacher zu erfüllen als wenn die Vögel in Einzelvolieren untergebracht würden. Am vorteilhaftesten ist diese Bedingung zu erfüllen, wenn der Raum, in dem die Vögel untergebracht sind in voller Länge als freier Flugraum zur Verfügung steht.
Ideal für Paare in einer Gruppenhaltung ist ein Hängekäfig dessen Vorderfront (siehe Bild) wie eine Türe vollständig geöffnet werden kann. Bei geöffneter Vorderfront ist der Hängekäfig ein öffentlich zugänglicher Raum der von allen Vögeln genutzt werden kann. Bei geschlossener Vorderfront ist es dagegen ein ganz privater Platz für das Paar das hier wohnt, auf dem Bild sitzt es oben links. Ein wesentlicher Faktor für eine erfolgreiche Gruppenhaltung sind sichere Plätze für Einzelvögel oder Paare, die noch über kein "Eigenheim" verfügen. Diese Plätze sollten nicht mehr Platz bieten als unbedingt erforderlich und so positioniert sein, dass sie schlecht angreifbar sind. Amazonen greifen Artgenossen ja gerne dadurch an, dass sie diese mit vollem Tempo anfliegen und sie mit ausgefahrenen Beinen vom Sitzplatz stoßen. Ein Platz der nicht mit hohem Tempo angeflogen werden kann, schließt solche Angriffe aus und ist dementsprechend ein gefragter Ruheplatz.
Aber auch gut angreifbare und nicht besonders bequeme Plätze werden gerne aufgesucht, vor allem weil es hier keinen Nachbarn gibt der erwartet dass ein Leckerli redlich geteilt werden muß.
Die nachstehenden Bilder zeigen weitere bewährte Sitzplätze, im Bild links eine Sitzstange für Paare. Da die Sitzstange abseits der Hauptflugschneise liegt, kann sie auch nicht direkt mit vollem Schwung angeflogen werden. Sie ist daher ein sicherer und dementsprechend beliebter Platz. Dazu trägt auch die Tatsache bei, dass sie aus einem Weidenast besteht. Gerne machen die Amazonen von der Möglichkeit Gebrauch, den Ast auf dem sie sitzen zwar nicht abzusägen aber doch abzunagen, er muß daher regelmäßig erneuert werden. Dies stellt kein Problem dar, denn Halterung und Ast sind verschraubt. Weitere bew&aunl;hrte Sitzgelegenheiten zeigen die Bilder in der Mitte (selbstgebaute Schaukel aus Rund- und Kanthölzern), sowie den altbewährten Seilring der einen sehr gefragten Sitzplatz für einen einzelnen Vogel abgibt.
Notlandplätze sind für eine erfolgreiche Gruppenhaltung ebenfalls unverzichtbar. In der Regel sind das tiefer angebrachte Äste, die für einen Daueraufenthalt unbeliebt und daher in der Regel immer frei sind. Natürlich dürfen diese Äste sich nicht in einem von einem Paar beanspruchten Revier befinden, sondern in einem Bereich der von allen Vögeln als öffentlich anerkannt ist. Das nachstehende Bild zeigt einen Ast, der ohne dass ich das so geplant hatte, zu einem Notlandeast wurde. Vorteilhaft ist dabei, dass er direkt mit einem häufig genutzen Sitzast Verbindung hat
Einen beliebten Rückzugsplatz zeigt das nachstehende Bild.Der Heizkörper befindet sich hinter einer freistehenden Voliere, zusammen mit der Wand entsteht hier ein Gang mit etwa 0.5 Meter Breite. Gedacht war er eigentlich dazu, Heizkörper und Volierenrückseite für Reinigungsarbeiten zugänglich zu machen. Der Gang hat sich inzwischen aber auch als Fluchtweg bei Verfolgungsjagden auf dem Boden und eben wie im Bild zu sehen als Rückzugsraum, noch dazu mit geheizter Sitzstange, bewährt (siehe nachstehendes Bild). Zu heiß wird es den Vögeln hier nicht, denn der Heizkörper wird durch das Thermostatventil nur auf etwa 25 bis 30 °C (Die Raumtemperatur beträgt im Winter etwa 14 °C) gehalten. Des öfteren haben sich die Vögel auch schon auf dem Heizkörper selbst niedergelassen, was in der Regel ziemlich aufwendige Reinigungsarbeiten nach sich zog. Ein Sitzbrett auf dem Heizkörper schaffte hier weitgehend Abhilfe.
Den Wartungs- und Fluchtgang sowie den Heizkörper mit Sitzbrett zeigt das nebenstehende Bild